Das vierte Fenster in der Reihe der Entwürfe ist heute Grundlage für die Predigt. Auf
dem Fenster, sind wie auf allen anderen, die beiden Christus-Zeichen
angebracht, die Uwe Appold als durchgängiges Element für die
Gestaltung der Fenster gewählt hat. Es finden sich die Buchstaben
„I“ und „X“, die im griechischen Alphabet für die Anfangsbuchstaben
des Namens „Jesus Christus“ stehen, ebenso wie ein rotes Glas, dass
an die fünf Wundmale Jesu Christi erinnert. Damit ist auch dieses
Fenster in den Dienst der Verkündigung des gekreuzigten Heilands
gestellt. Zur „Krone des Lebens“ passen die bunten Gläser, die dem Kreis heiteres und lichtes Aussehen geben. Diese Krone sollen wir einmal tragen, wenn wir in das Reich Gottes eingehen. Deshalb ermahnt uns die Offenbarung des Johannes, im Glauben zu bleiben: Dort heißt es „Halte was du hast, dass niemand deine Krone nehme!“ (Ofb. 3,11). Wer dieses Fenster sieht, darf getrost in dem Kreis seine „Krone des Lebens“ sehen und sich darauf freuen, dass wir in Gottes Reich aufrecht gehen können und geschmückt werden mit dem Symbol, dass auf unserer Erde Königen und Herrschern vorbehalten ist. Für
den Kreis auf dem vierten Fenster gibt es aber noch eine andere Deutung,
die Uwe Appold selbst anregt: Der Kreis ist das Symbol der Vollkommenheit
und der Unendlichkeit. Ein Kreis hat im Gegensatz zu Linien und eckigen
Figuren keinen Anfang und kein Ende. Er ist eine geschlossene und damit
perfekte Form. Und wer sich immer im Kreis bewegt, kann das unendlich
lange tun, ohne vorwärts zu kommen. Diese beiden Eigenschaften
haben den Kreis schon sehr früh zu einem Bild für den Himmel,
das All oder für Gott werden lassen. Der Kreis umfaßt immer
etwas. Und so wie ein Kreis umfaßt Gott diese Welt. Er umfaßt
sie zeitlich, weil er ewig ist und wir der Vergänglichkeit unterworfen,
er umfaßt sie aber auch räumlich, weil er als der Schöpfer
größer ist als das Geschaffene. In
Christus wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig, Das
ist bis heute ein schwer zu begreifender Teil des christlichen Glaubens,
dass in dem Menschen Jesus Christus die Fülle der Gottheit leibhaftig
auf Erden war. Darüber können wir nur staunen und an Weihnachten
mit Martin Luther singen: Dass dieser Mensch, in dem die Fülle der Gottheit leibhaftig wohnte, der gleiche ist, der die Dornenkrone auf seinem Haupt trug und von römischen Soldaten verspottet, gefoltert und getötet wurde gehört zu den großen Geheimnissen Gottes. Es zeigt uns, dass Gott trotz aller Größe, trotz seiner Ewigkeit nicht als Mächtiger und Gewaltiger zu uns kommt, sondern als ein Mensch, der unsere Schwachheit auf sich genommen hat und der sich der Gewaltlosigkeit bis zu letzt verschrieben hat. Dass wir in Jesus Christus nicht nur den Menschen sehen, sondern Gott, das ist das Wunder des Christusgeschehens. Wenn wir im Johannesevangelium hören, dass Jesus spricht: „Wer mich sieht, der sieht den Vater“ (Joh 14,9), dann ermessen wir, welche Provokation dieser Satz für die Zeitgenossen war. Es ist bis heute unvorstellbar, in einem Menschen die Gottheit zu sehen. Deshalb bleiben auch alle Bilder, die wir uns von dem Menschen Jesus Christus machen, an der Oberfläche. Wir können nur mit den Augen des Glaubens weiter sehen. Auf diesen Weg will uns auch das vierte Fenster leiten. Dazu hat der Künstler das vielschichtige Symbol des Kreises in seinen Entwurf miteinbezogen. Wir
können darin ein Symbol der Vollkommenheit und der göttlichen
Fülle sehen, wie sie in Jesus Christus leibhaftig war, Alle
drei Deutungen sind in dem Entwurf für das vierte Fenster angelegt. Das grüne Quadrat steht als Hoffnungszeichen am obersten Rand der Begrenzung. Es strebt fast schon darüberhinaus. Die beiden kleinen gelben Scheiben, die oben auf den Seiten neben der großen grünen Scheibe stehen unterstreichen diesen Eindruck noch. Das grüne Quadrat strebt zum Himmel. Das ist das Ziel der Hoffnung. Das ist das Ziel der Christen. Im Himmel werden wir die „Krone des Lebens“ empfangen, für die der Kreis steht. Und dass wir darauf hoffen können, verdanken wir Jesus Christus, der uns zugute Mensch geworden ist und für uns gelitten hat. Deshalb steht das Hoffnungsquadrat auf dem Kreis. Denn die Hoffnung von uns Christen gründet sich auf Jesus Christus in dem die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig wohnt. „Und an dieser Fülle habt ihr teil in ihm, der das Haupt aller Mächte und Gewalten ist“ (Kol 2,10). Durch Jesus und unseren Glauben an ihn haben wir teil an der Fülle Gottes. Wir haben Leben die Fülle, schon hier auf Erden und erst recht bei ihm in seinem Reich. Darauf hoffen wir und vertrauen auf nichts Menschliches, das doch keinen Halt bieten kann in den reißenden Strömen des Lebens. So können wir leben, gegründet in der begründeten Hoffnung auf Gott. Von seiner Liebe trennen uns weder Naturkatastrophen, noch Gewalt und Terror. Nicht einmal der Tod trennt uns von ihm. Seine Liebe zu uns bringt uns dereinst über diese Grenze und schenkt uns die „Krone des Lebens“. Amen.
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